Seymour Carter (1936-2012) war einer der ersten Lehrer am Esalen Institut. 2003 sprach er mit Tom Case, Practitioner in Esalen, über Esalen Massage.
Im Interview erzählt Seymour, wie er 1962 den ersten Sommer in Esalen verbrachte:
“ In diesem Sommer waren etwa 6 bis 8 Leute hier, die sich um die Lodge kümmerten. Wir waren eine Generation, die mit Neuem experimentieren wollte. Wir suchten nach den nicht verbalen Bereichen unseres Bewusstseins. Yoga, Meditation und Bodywork spielten dabei eine zentrale Rolle. Eine der grossen Inspirationen Esalens war der Essay von Aldous Huxley über das menschliche Potential. Er forderte eine Schule, die das menschliche Potential ergründen sollte. Dick Price und Michael Murphy nahmen diese Idee auf. Neue therapeutische Ansätze und viele verschiedene Body-Mind Bewegungen fanden hier fruchtbaren Boden, wie etwa die Sensory Awareness Arbeit von Charlotte Selver, die sich aus der Gindler Arbeit aus Deutschland entwickelte. Bernie Gunther aus Los Angeles war ein Yoga Student und begann, Massagen in Esalen zu geben. Er fing um 1965 an, mit Charlotte zu studieren. Dann fing er an, seine eigenen Massage Workshops zu geben.
Westliches Zen
Bernie vermittelte in seinem Unterricht die tiefere Präsenz in der Berührung. Charlottes Arbeit war eigentlich eine Art “western Zen”, das aus Europa kam. Hier gab es um das 20. Jahrhundert eine ganze Reihe von Leuten, die nach einer neuen Freiheit, nach einem neuen Lebensstil suchten - Nudisten, Vegetarier, die ihren lebendigen Ausdruck in Kunst, Tanz und Berührung finden wollten. Tatsächlich gab es in der südlichen Schweiz ein Vorläufer von Esalen - die Lebensgemeinschaft von Monte Verità. Wenn wir also von der Geschichte Esalen sprechen, müssen wir die Wurzeln davon in Europa suchen…”
Monte Verità - das “Pre Esalen” bei Ascona
Wer sich also mit der Entstehungsgeschichte des Esalen Institutes in den USA befasst, stösst dabei auf Monte Verità, der Lebensgemeinschaft auf dem «Berg der Wahrheit» über Ascona. Hier versammelte sich eine Gruppe junger Leute, gesellschaftsmüde und überdrüssig des Konsums. Mit nichts als Sonnenschein auf der nackten Haut, reinem Wasser und pflanzlicher Nahrung wollten sie mit neuen Lebensformen und damit auch mit neuen Ausdrucksformen experimentieren. Gegründet wurde die Gemeinschaft im Herbst 1900 von Ida Hofmann, Pianistin und Musikpädagogin und Henri Oedenkoven. Querdenker, Schriftsteller. Naturheilärztinnen, Künstler und Ausdruckstänzerinnen siedelten sich zeitweise hier an, um ein natürliches, gesundes und besseres Leben zu suchen, frei von allen gesellschaftlichen Zwängen.
Nach einer bewegten Geschichte ist der Monte Verità heute ein Kongress- und Seminarhaus mit einem weitläufigen Park und Blick auf den Laggo Maggiore.
Wie das Leben auf Monte Verità ausgesehen haben könnte, zeigt nun der neue Film “Monte Verità - der Rausch der Freiheit”.
Der Spielfilm: Monte Verità - der Rausch der Freiheit
2020 verfilmte der Schweizer Stefan Jäger die fiktive Geschichte einer jungen asthmakranken Frau, die ihr häusliches Eheleben geprägt von ehelicher Gewalt in Wien fluchtartig verlässt. Sie fährt nach Ascona in das Sanatorium Monte Verità. Anstelle einer Heilanstalt trifft sie auf eine selbstbestimmende Lebensgemeinschaft, die Heilung in der Natur und dem eigenen kreativen Ausdruck sucht. Der Film läuft zur Zeit in den Schweizer Kinos. In Deutschland soll der Film ab dem 2. Dezember gezeigt werden.