Massieren statt operieren?

“Hi Mary, wie war Deine Schulter OP?” fragte ich die junge Frau, der ich nur eine einzige Deep Bodywork und Esalen® Massage in Esalen gegeben hatte.

Schulter OP nach einer Deep Bodywork® Sitzung abgesagt

Seit Monaten hatte ich sie nicht gesehen, aber ihr leuchtender hellroter Lockenkopf hatte sich in meiner Erinnerung eingeprägt. “Ach so, ja, die habe ich abgesagt!” erwiderte sie mit einem breiten Grinsen. ”Nach Deiner Sitzung konnte ich den Arm wieder ohne Schmerzen nach oben strecken”.

Obwohl dieser Moment viele Jahre zurückliegt, erinnere ich mich daran als sei es gestern gewesen. Als noch relativ frischgebackene Deep Bodywork und Esalen Masseurin fiel mir buchstäblich die Kinnlade herunter, denn es kam mir wie ein Wunder vor, mit nur einer Sitzung eine OP überflüssig zu machen.

Während solche drastischen Verbesserungen natürlich nicht immer so schnell durch Deep Bodywork® Techniken möglich sind und Operationen oft die einzige und notwendige Lösung ist, so kann ich doch sagen, dass das, was mir damals wie ein Wunder erschien, ein häufiges Resultat ist von gekonnter Integration von Deep Bodywork in die Massagearbeit, wie viele unserer Deep Bodywork SchülerInnen aus eigener Praxis bestätigen können.

 Strukturen dreidimensional behandeln

Eine Schulter ist ein kleiner knöcherner Bereich, wie setze ich da genau an in der Massage-Sitzung? Wir haben vielleicht gelernt, um das Schulterblatt herum etwas tiefer zu gehen sowie Gelenkslockerungen in unsere Massage einzubauen. Aber was mache ich, wenn jemand Bewegungseinschränkungen und Schmerzen hat?

Wie beim Lernen von Musik, wo wir erst einmal die Tonleiter und das Notenlesen üben müssen, brauchen wir zunächst Grundlagen in tiefer Körperarbeit. Wir müssen die Anatomie der Schulter verstehen und lernen, von mehreren Seiten, z. B. auch an der Innenseite (anterior) des Schulterblatts sowie direkt auf dem Schulterblatt selbst, zu arbeiten.

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Körperhaltung nachhaltig verbessern

Um wirklich effektiv zu sein, ist es wichtig, verkürzte und verspannte Gewebe therapeutisch so zu bearbeiten, dass sich durch das Lösen der Verklebungen auch die Körperhaltung (v. a. die nach vorne gesunkenen Rund-Schultern) entscheidend und langfristig verbessern kann. Konkret heisst das unter anderem, dass wir die Rotatorenmanschette und den kleinen Brustmuskel (Pectoralis Minor) sowie das Zwerchfell im Dialog mit unseren Fingern, Knöcheln und Ellenbogen ermutigen, ihre Anspannung loszulassen.

Mit dem Gewebe kommunizieren

Ich verwende bewusst das Vokabular aus der Kommunikation wie “Dialog”, denn genau darin besteht die Kunst der einfühlsamen und effektiven Tiefenbindegewebsarbeit. Wir müssen das Lauschen durch die Hände in die Tiefe des Körpers der Klienten erweitern und dabei die Fähigkeit üben, Gewebeveränderungen aufmerksam wahrzunehmen. All das muss im nahen Austausch mit dem Klienten geschehen. Nur dadurch weiss ich, wie tief ich gehen kann und wie langsam ich individuell vorgehen muss.

Kombination von Tiefe, Fluss und Kommunikation

Die gekonnte Integration von tiefen Techniken mit den wellenartigen, intuitiven Streichungen machen diese Arbeit extrem effektiv, denn das Nervensystem der Klientin wird reguliert und sie kann viel leichter die therapeutischen Techniken integrieren, ohne überwältigt zu werden.

Wichtig ist, die Verspannungen durch genau so viel Druck zu kontaktieren, dass sich Behandler und Klient an dieser Kontaktgrenze begegnen können und eine z. T. verbale, z. T. non-verbale Kommunikation beginnen, die sich an der Frage entlangtastet, ob diese Verspannung bereit ist, losgelassen zu werden.

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Wie trennt man Schmerz von Angst?

Wir helfen unserer Klientin, Schmerz von Angst zu trennen, indem wir der Klientin die Kontrolle geben. Während dieses Prozesses helfen wir den Menschen auf unserer Massagebank das Schmerzerleben auf der Tonleiter des «Wohlweh’s» zu halten. Manchmal allerdings werden die Empfindungen recht intensiv, sowohl körperlich als auch emotional. Hier beginnt die hohe Kunst, das Erleben von Angst herauszulösen aus dem Erleben der evtl. sogar schmerzhaften Intensität.

Denn wenn Angst ins Spiel kommt, vor allem mit dem Gefühl, überwältigt zu werden von Empfindungen, steigt der Schmerzpegel exponentiell. Daher ist es von zentraler Bedeutung, zu lernen, langsam und immer im Kontakt mit dem Klienten in verspanntes Gewebe einzutauchen und dem Klienten die absolute Kontrolle zu geben, indem er/sie jederzeit “Halt” oder “weniger Druck” sagen oder signalisieren kann.

Mit der Deep Bodywork® “Tonleiter” Musik spielen

Nach dem Lernen der Tonleiter dieser effektiven Techniken und erfühlter Anatomie in Kursen wie “Mastery of Touch”  können wir dann mit zunehmender Erfahrung “Musik” spielen mit den Techniken.  Das heisst, wir lernen, detektivisch und intuitiv die Stellen im Körper des Klienten zu finden, die an der Wurzel des Problems (wie z.B. den Arm nicht nach oben oder zur Seite heben zu können) liegen.

Mein Tipp für eure Praxis: Eigenerfahrung

Einer der besten Tipps, die ich Euch für eure Praxis geben kann ist diese Arbeit am eigenen Leibe kennenzulernen und Euch dadurch mit den verschiedenen Empfindungen, die durch diese hoch effektiven tiefen Techniken entstehen, vertraut zu machen.

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Ich muss diesen Prozess am eigenen Leibe kennen:  wie sich die angstauslösende Empfindung von Schmerz durch das ruhige Verweilen des Practitioners auflösen kann. Wie behutsame Körperarbeit an der tolerierbaren Schmerzgrenze das Gewebe schmelzen lassen kann. Nur wenn ich selbst keine Angst vor diesem Prozess habe, kann ich als Practitioner mit Zuversicht und Vertrauen, diese Arbeit an meinen Klienten anwenden.

Verkörperte Erfahrung

Dieses Wissen ist kein Bücherwissen, sondern erlebte und verkörperte Erfahrung, die wir als Practitioner mit Sicherheit und Heilungs-Optimismus ausstrahlen und die Vertrauen im Klienten erzeugt. Die Teilnahme an Advanced Kursen gibt eine einmalige Gelegenheit, diesen Prozess mehrfach selbst zu durchleben und zugleich an KollegInnen zu üben.

Ich kann Euch versichern, dass Eure Praxis enormen Zulauf gewinnen wird, wenn ihr auf diese Weise tief und einfühlsam Schmerzen lindert und Bewegunseinschränkungen aufheben könnt!

Johanna Holloman

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Johanna ist Psychologin, Körpertherapeutin und Yogalehrerin.  Sie leitet  Kurse in Esalen Massage, Tiefenbindegewebsarbeit und Yoga in Esalen  und  Europa. Johanna ist zertifizierte Lehrerin in der Ridhwan Schule (Diamond Approach®, ein spiritueller Weg zur Selbstverwirklichung).

Infos zum aktuellen Weiterbildungskurs "Mastery of Touch" im Südschwarzwald mit Johanna vom 19. - 23. September 2018  findest du hier: http://esalen-massage.de/advanced-training/.

Aktuelle Termine:

19. - 23.9.2018: Mastery of Touch im Seminarhaus Hollerbühl

10.11.2018: Austauschtag Esalen Massage in Langenthal

17./18.11.2018: Einführungskurs Esalen Massage mit Eva-Maria Leve in Langenthal